Einführungswoche entpuppt sich als Geschenk
„So eine schöne Atmosphäre habe ich in 20 Jahren als Lehrer noch nicht erlebt.“ Und nicht nur Robert Raddatz ist von der zweiten Schulwoche am Kolping-Sozial-Berufskolleg Delbrück begeistert. Ob unter den Kolleg*innen oder in den Reihen der Schüler*innen: Überall ist Lob zu hören. Das neue Konzept der Einführungswochen kommt gut an. Unter dem Motto „alle mit allen“ füllen Lernende und Lehrkräfte die Schulgemeinschaft mit Leben und kultivieren das Miteinander, die Unterstützung und den Austausch. Damit sich alle untereinander kennenlernen, wurden die Schüler*innen in fünf Teams alters- und berufsgemischt zusammengewürfelt. In dieser Konstellation durchliefen sie pro Schultag bis zu zwei thematische Module. Hier herrschte kein Unterrichtsfeeling, sondern eine konstruktive Workshopatmosphäre.
Wer baut den höchsten Marshmallow-gekrönten Spaghetti-Turm? In der Einführungswoche im Kolping-Sozial-Berufskolleg Delbrück war unter anderem Teamarbeit gefordert. Foto: Jana Sudhoff Da saßen beispielsweise Engelchen und Teufelchen auf der Schulter der Bäckerin, um sie zu weiteren Morden zu animieren oder abzuhalten. Einen Raum weiter wurden im Wettstreit Spaghetti-Türme mit Marshmallowspitze gebaut. Im Flur versuchten die Schüler*innen in Tabaluga-Manier gemeinsam den Weg über das brüchige Eis zu finden. Während die Gestalter*innen mit aufgeblasenen, in Weiß-Blau-Metallic getunkten Gefrierbeuteln ihre Praktikumsmappen in individuelle Kunstwerke verwandelten. Da battelten sich anderorts die Teams „SOS Affenalarm“, „Natur“ und „Avatar“ im Tischtennis, Poolbillard und Uno. Und nicht zuletzt die Schüler*innen, die mit einem Griff in die Effektkiste ihre Plakate zum Hingucker und mit den Tipps und Tricks von ihrem Methodencoach ihre Präsentationen in lebendige Vorträge verwandelten.
Mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen
In acht Modulen – Improtheater, Spiel, Teambuilding, Gestaltung, Methodentraining, Activity, Lernen lernen und Bücherei – bekamen die Lernenden am Kolping-Sozial-Berufskolleg Delbrück eine Woche lang Handwerkszeug an die Hand. Dabei schlug man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Nebenbei lernten die neuen Auszubildenden die Räumlichkeiten und die Lehrkräfte kennen. Der größte Mehrwert jedoch: Die Neuankömmlinge und die älteren Schüler*innen hatten intensiv Gelegenheit, sich kennenzulernen und auszutauschen. Wie ticken die Lehrer*innen? Was braucht man in der Ausbildung zum „Überleben“? Wie läuft das mit den Praktika? Was kommt auf uns zu?
Bereits in der ersten Schulwoche hatte die Oberstufe die Unterstufe unter ihre Fittiche genommen und ihnen viele wertvolle Erfahrungen mitgegeben. „Die Unterkurse profitieren viel von den Älteren“, hat Kirsten Meyer zu Hoberge auch in der zweiten Woche beobachtet, die unter anderem im Modul „Spielen“ mit gezücktem Zollstock die Spaghetti-Türme ausmaß und mit weiteren Aktionen das Spielerepertoire erweiterte und gleichzeitig das Teambuilding trainierte. Auch die Lehrkräfte waren Nutznießer*innen der Eingewöhnungswoche: „Auch wir lernen die Schüler*innen auf eine andere Art kennen, die es uns erlaubt, ein gutes Gefühl für die Lernenden und die Dynamik innerhalb der Gruppe zu entwickeln“, sagte Esther Dykhoff, die den Schüler*innen zeigte, wie schnell man mit Alltagsmaterialien niedrigschwellige Spielideen umsetzen kann.
Lehrkräfte bringen eigene Stärken ein
Ganz andere, ungewohnte Seiten voneinander lernten die Auszubildenden beim Improtheater von Christian Ludolph kennen – weil Scham nach einer Weile vergessen ist. „Wir haben auf verrückte Weise gelernt, vor der Menge aus uns rauszukommen“, zeigten sich zwei Schülerinnen begeistert. Das ist in ihren Augen nicht der einzige Mehrwert: „Auch Kinder haben viel Phantasie. Durch das Improtheater können wir uns besser in sie reindenken.“ So griffen inhaltliche und gemeinschaftsfördernde Lernziele in allem Modulen ineinander.
Nicht zuletzt eröffnete die Aktionswoche für das Kollegium neue Möglichkeiten sich einzubringen: Jede Lehrkraft wählte das Thema des Workshops selbst aus – je nach eigenen Stärken und Neigungen. „Es war spannend zu sehen, welche Talente und Interessen die Kolleg*innen haben“, sagt Schulleiterin Silvia Zimmardi, die genauso wie ihr Stellvertreter Robert Raddatz begeistert war von der tollen Atmosphäre und dem großen Profit der Aktion für das Gemeinschaftsgefühl. „Das ist ein Geschenk“, sagt Robert Raddatz. Angetan waren beide auch von dem gemeinsamen Frühstück zum Ausklang der ersten Schulwoche, das die Oberstufe für die ganze Schule organisiert hatte. Die Einführungswochen haben Wiederholungspotenzial, sagt Silvia Zimmardi, bei der sich sogar eine Schülerin bedankte – mit dem Wunsch: „Können wir das nicht jede Woche machen?“